Aus der Zeitschrift EinSicht Herbst 2007

Zu Ehren der Brennnesseln, der Schmetterlinge und ihrer Raupen

von Eike Braunroth

Die Brennnessel

Wer kennt sie nicht, die Brennnessel? Jedes Kind, das noch einen natürlichen Drang nach draußen hat, kennt sie und ihre Wirkungen, wenn die zarte menschliche Haut ihnen zu nahe kommt. Bei Wolfgang Storl habe ich gelesen, dass sie deshalb mit Brennhaaren ausgestattet wurde, um den kleinen Tieren der Natur Schutz zu geben. Rudolf Steiner nannte sie einen „Allerweltskerl“. Im Frühling dieses Jahres lernten die Teilnehmer eines Grundkurses die Methode des Pflückens kennen, ohne sich zu „brennen“.
Wir wiederholen das Loblied auf die Brennnessel und ihre Wirkungen von Hedwig Bickel aus Heft 3 2004. Auch in Märchen wird ein Loblied auf sie gesungen: Treuen Schwestern halfen die Brennnesseln einen Zauber zu entkräften.

Jeder Gärtner sollte sie schätzen, einmal weil sie einen guten Boden anzeigt und dann, weil sie aus einem armen Boden einen guten bildet. Außerdem fördert sie die Umsetzung jedes Komposthaufens. Sie besitzt viele Inhaltsstoffe, die z.B. Tomaten und Kartoffeln heilen und leicht wachsen lassen. Und weiter vermag die Brennnessel Schwermetalle und Giftstoffe aus dem Garten-, dem Pflanzen-, dem Tier- und dem Menschenkörper auszuleiten.

Dies sind nur einige kleine Geschichten bzw. Wahrheiten zur Wirksamkeit dieser unscheinbaren und doch so verehrungswürdigen Pflanze. Schön ist sie auch, wenn man genau hinschaut. Sie besitzt bezaubernde winzige Blüten, kleine kugelige, knackige Früchte, aber der Duft, den sie ausströmt, lässt manchen die Nase rümpfen. Mancher Gartenfreund verbannt sie in die hinterste Ecke - weit weg von dem, was den Durchschnittsgärtner entzückt.

In dem von mir betreuten Garten steht sie ganz vorne an der Terrasse. Wenn ich aus der Stube gehe und vier Schritte weiter, bin ich schon bei ihr. Wenn's gar regnet, kann ich sie anfassen, ohne nass zu werden. Sie sehen liebe Leserin und lieber Leser, wie lieb sie mir ist.

Dann habe ich die Kartoffeln dieses Gartens mit ihren Blättern gemulcht, denn sie enthält Kalium, das wiederum Kartoffeln zum Wachstum benötigen.
Sie hat mir ganz persönlich in diesem Jahr - mangels grünem Salat und gewisser Gemüse (siehe an anderer Stelle dieser Ausgabe) - aber nicht nur deswegen - körbeweise Brennnesselspinat beschert und dazu belebende grüne Getränke und mit Samen belegte Kartoffelgenüsse geschenkt.

In den heißen und trockenen Juli- und Augusttagen habe ich von den getrockneten Blättern ein Brennnesselsalz bereitet. Also es geht ganz einfach: Getrocknete Brennnesseln werden zerkleinert (z.B. mit dem Mixer) und mit gutem Vollsalz vermischt. Dann in Salzstreuer abgefüllt. Ich habe noch solches Salz vom vergangenen Jahr. Es war ganz und gar nicht die Feuchtigkeit anziehend, sondern blieb trocken. Und das alles ganz einfach. Denn die Brennnessel braucht schließlich keinen „Pflanzenschutz“:

Schmetterlinge und ihre Raupen

In Dänemark und in der Schweiz heißen sie Sommervögel. Sie sind dort nur im Sommer da. Mir gefällt dieser Name ebenfalls sehr gut, denn auch in Deutschland leben sie in ihrer Erscheinung als Falter nur in der warmen Jahreszeit. Ob Kohlweißling, Schwammspinner, Nonne, Eichenwickler, Schwalbenschwanz (letzterer ernährt sich von Doldenblütlern, welche unter den Kulturpflanzen durch Fenchel, Gelbe Rübe, Pastinake, Peterli, usw. vertreten werden), und wie sonst noch heißen mögen, bei den Menschen ebenso beliebt sind wie Tagpfauenauge oder der kleine Fuchs? Auch den ungeliebten Borkenkäfer möchte ich an dieser Stelle erwähnen, obwohl er kein Sommervogel ist.

Tagpfauenauge und den kleinen Fuchs hatten wir gewählt, weil sie die Brennnessel unbedingt als Ernährungspartner brauchen, sonst sterben sie. Nun meinen viele, diese beiden Sommervogelarten würden sicherlich nicht so sehr in Gefahr sein wie die anderen oben genannten, weil sie keine Kulturpflanzen anknabbern. Aber sie stehen doch auf der sogenannten Roten Liste, weil die meisten Gärtner einen „sauberen“ Garten wollen, also die Brennnessel verbannen.

Und hier bitte ich noch einmal darum: Holen Sie sich Brennnessel in den Garten. Sie wachsen wirklich problemlos überall und sind dazu noch eine Gesundheitsapotheke ersten Ranges für alles und jeden, der in diesem Garten wohnt oder darin ein- und ausgeht! Nun ist genug für Tagpfauenauge und kleinen Fuchs geredet. Es sollen auch noch die anderen - leider verfolgten Sommervogelarten geehrt werden. Sie sind ebenso viel wert, also nicht weniger, aber auch nicht mehr. Nur sind die Zusammenhänge zu den beiden ersten wieder ganz anders. Tagpfauenauge und kleiner Fuchs geben einen Hinweis auf die Veränderung der Erde durch den Menschen zu einem naturfremden Planeten. Ihr Verschwinden zeigt in deutlicher Weise, wie der Mensch die natürlichen Heilmittel verpönt und bekämpft.

Die anderen Sommervögel, die nicht auf der Roten Liste stehen, werden auf andere Weise verpönt. Sie - und hier besonders Kohlweißling, Schwammspinner, Borkenkäfer, ein schwerfälliger Käfer) und Eichenwickler - werden dafür verantwortlich gemacht, dass manche Kulturpflanzen „krank“ seien, bzw. Menschen „krank“ machten. Ja es wurde in diesem Frühsommer davor gewarnt in den Wald zu gehen, weil die Raupen der Eichenwickler giftig seien.

Ich habe es immer und immer wieder gesagt und auch geschrieben, dass all diese Vorkommnisse nur Erscheinungen (Symptome) sind, die auf etwas ganz anderes zeigen. Worauf schließlich - müsste in jedem einzelnen Fall untersucht werden. Aber wenn es um den Privatwald geht, kann ich sagen: Derjenige, dem dieser Wald für eine bestimmte Zeit überschrieben worden ist, steht selbst in der Verantwortung, ein Gleichgewicht, welches auseinander geschoben ist, wieder zusammenzufügen. Schließlich haben Waldbesitzer in Österreich (30 Hektar) und auch in der Schweiz (4 Hektar) bewiesen, dass durch gelernte. begriffene und richtig praktizierte Kooperation mit der Natur® die Borkenkäfer keine neuen Bäume als Wirts- und Wohnbäume aufsuchten.

Nun bin ich kurz beim Borkenkäfer gewesen. Aber es ist dasselbe mit den anderen Sommervögeln im Garten: Der Gärtner steht in der Verantwortung des Erkennens und des richtigen Umganges sei es mit Kohlweißling, Schwalbenschwanz und weiter mit Eulen, und weiter was aber das Thema sprengen würde, mit Schnecken, Wühlmäusen, Blattläusen, Kartoffelkäfern und in der Landwirtschaft mit Wildschweinen, Rehen, usw. und im Obstbau mit dem Feuerbrand.


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