Aus der Zeitschrift EinSicht Frühjahr 2011

Erdkröte Cordula: An die Menschen, die wohnen und fahren

in der Nähe der Lehmgrube oder einem anderen Gewässer

Von N.B.

Liebe Leute groß und klein,
ich bin die Erdkröte Cordula und möchte euch gerne einen Frühlingsgruß aus der Nachbarschaft senden. Meine Großfamilie bewohnt ebenso wie ich selbst die Wiesen, Felder und Heideflächen in der Nähe der Lehmgrube. Dem Gedächtnis aller Erdkröten folgend wissen wir stets, wie wir uns verhalten müssen, denn wir sind über abertausende von Jahren hervorragend an unsere natürliche Umgebung angepasst. Damit ihr mich ein bisschen besser kennen lernt, erzähle ich euch aus meinem Leben.

Eines schönen Frühlingstages bin ich aus dem Laich geschlüpft und habe einige Wochen in dem gemütlichen Gewässer als Kaulquappe einem Fische gleich gelebt und mich entwickelt. Wie alle Lurche oder Amphibien habe ich die Verwandlung vom Laich zur Kaulquappe und dann zur Amphibie durchlaufen und dann als kleines Krötlein zusammen mit vielen gleichaltrigen unserer Erdkrötenfamilie das Gewässer verlassen (die Menschen nennen diese großartige gemeinsame Wanderung den "Froschregen"). Ich bin dann dem Wissen meiner Erdkrötenahnen folgend auf die Heide gekrochen (wir können nicht hüpfen wie unsere Verwandten, die Frösche, weil unsere Hinterbeine viel kürzer sind), wo ich den Sommer genossen habe. Viele aus meiner Familie haben eine Wohnung in Feldern und Gärten gefunden, denn es gibt sehr nette Menschen, die friedlich mit uns zusammenleben.

Im Herbst, als es allmählich immer kühler wurde, wurde mir so klamm ums Gemüt und ich suchte mir einen geschützten Platz, wo ich lange träumte. Ich glaube ich habe lange Zeit dort geruht bis mich eine angenehme Wärme zurück in meine Erdkrötenwirklichkeit lockte. Ich fühlte ein Kribbeln, das aber immer stärker wurde. Eine immer größer werdende Unruhe ergriff mein ganzes Wesen und ich musste mich aufmachen zu eben dem Gewässer, aus dem ich im Jahr zuvor mit vielen meiner Artgenossen losgezogen war. Ich hatte einen beschwerlichen Weg mit vielen großen Abenteuern. Da ich große Angst habe, im Hellen entdeckt und gefressen zu werden, bin ich erst abends ab der Dämmerung unterwegs. Trotz aller Gefahren muss ich meinem inneren Ruf folgen und ebenso wie alle Amphibien (Frösche, Kröten, Unken, Molche, Salamander) in das Gewässer meiner Herkunft gehen, um dort mit meinem Geliebten den Fortbestand unserer Art zu sichern.

Doch seit unsere Nachbarn, die Menschen, nicht mehr zu Fuß unterwegs sind, sondern mit Fahrzeugen, für die harte, trockene Straßen gebaut werden, ergeht es unsereinem schlechter denn  zuvor. Viele werden von Reifen totgefahren und viele erleiden einen grausamen Tod durch den Luftdruck der vorüberfahrenden Fahrzeuge (über 30 km/h), der unsere inneren Organe zerstört. Einige haben Glück und schaffen es, dieses wohl gefährlichste Hindernis auf dem Weg zu überleben. Manche schaffen es aus eigener Kraft, andere werden von Menschen, die Mitgefühl und Verständnis für unsere Art haben, aufgesammelt und direkt ins Wasser gebracht. Da es auch jenseits der großen Straße zur Lehmgrube nun ein Gewässer für uns gibt, bringen uns diese Menschen dorthin, damit unsere Kinder und Kindeskinder die große Straße meiden mögen. Doch auch das kleine Mühlsträßlein und der nächtliche Fahrverkehr der Menschen in ihren Fahrzeugen kostet vielen meiner Artgenossen ihr Leben.

Ich habe viele Sommer und viele Traumzeiten erlebt und möchte gerne, dass ihr uns, eure Nachbarn besser kennen lernt ~ wen man kennt, kann man schätzen und lieben ~ und es ist ja die Liebe, die uns, alle Geschöpfe dieser wunderbaren Erde,    
verbindet.

Herzliche Grüße und alles Liebe für euch, unsere Menschennachbarn, eure Kinder und Kindeskinder
Eure Erdkröte Cordula

 

"Entstehungsgeschichte"

Liebe Leute der KOOPERATION MIT DER NATUR, ich hatte letztes Jahr eine interessante Begegnung mit den Erdkröten in unserer Umgebung, denen ich zusammen mit meiner Tochter näher kam. Wir halfen ihnen auf ihrem Weg zum Laichplatz über die Hindernisse, dafür sang uns eine ein wunderbares Lied. Darüber haben wir uns beide sehr gefreut und ihr von Herzen dafür gedankt.

In der darauffolgenden Nacht kam mir eine Geschichte in den Sinn ~ die "Krötenmutter" hat sie mir erzählt und ich habe sie am nächsten Morgen schon sehr früh niedergeschrieben. Der Name der Kröte kam bei mir nicht so deutlich an, ich war mir nicht ganz sicher. Ich fragte einfach meinen Mann: "Wie heißt die Erdkröte: Karina oder Cordula" und bekam darauf eindeutig "Cordula". Als ich meine Tochter fragte, bestätigte sie Cordula. So heißt sie nun, die Geschichtenerzählerin. Meine Tochter malte zu der Geschichte noch ein Bild (ich bat sie darum).

Es ist sehr schön, wenn möglichst viele Menschen von Cordula erreicht werden, denn viel Schlimmes passiert durch Unwissenheit...
Herzliche Grüße

PS: Vielen Dank für die wunderbare Einsicht über die Mäuse und Ratten. Bei uns wohnen viele Mäuse mit im Haus (wir reden mit "Mr. Jingles", wenn wir sie hören) und ich sag' immer "Achtung Mäuseken", wenn ich nachts im Dunkeln durch die Gegend laufe, damit wir uns nicht gegenseitig erschrecken. Leider kommen mir meine Erlebnisse immer erst in den Sinn, wenn ich die "EinSicht" lese und damit das Thema ja schon "unterwegs" ist... Vielleicht klappt's mit Cordula noch für das Frühjahr (bevor sie sich auf den Weg macht).


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