Aus der Zeitschrift EinSicht Sommer 2004

Spinnen

Unser Mitglied Heinz Oswald stellte uns die Ausarbeitungen seines beim Arbeitskreis Kooperation mit der Natur® Deutschland-Süd gehaltenen Vortrages zur Verfügung. Wir danken ihm dafür.

Vorkommen

Die Spinne lebt seit 350 Millionen Jahren auf diesem Planeten. Sie zählt somit zu den ältesten Tiergruppen überhaupt. Die besten Bedingungen findet sie im Regenwald vor. Dort gibt es einige Tausend Arten. Auch im ewigen Eis findet sie sich. Selbst an das Wüstenklima passt sie sich an. Im mittleren Europa zählten Arachnologen (Spinnenforscher) "nur" 300 Arten.

Das Spinnorgan

ist ein unvorstellbar vielschichtiges Gebilde. Es befindet sich am Unterleib und besteht aus bis zu 8 Spinnwarzen. In starker Vergrößerung sieht man in jeder Warze zahlreiche Röhrchen. Das sind die Spinnspulen. Jede Spinnspule steht mit einer Spinndrüse in Verbindung. Manche Spinnenarten haben bis zu 50.000 Spinndrüsen. Diese gibt es verschieden groß und ausgeformt. Dadurch kann eine große Zahl verschiedener Fadensorten für unterschiedliche Verwendung entstehen, was die Spinne aber erst lernen muss. Sie stellt als Jungtier - meistens im Alterweibersommer - eine gehörige Menge Spinnseide her. Die kleine Spinne klettert auf einen erhöhten Platz, reckt ihren Hinterleib in die Höhe und schießt beim nächsten Windstoß ein ganzes Bündel feiner Fäden in den Wind. Ist das Spinnband lang genug, lässt die Spinne los, und sie kann fliegen.

Die Spinnseide

besteht fast vollständig aus verschiedenen Eiweißen/ Proteinen. Sie hat die erstaunliche Fähigkeit, Spinne und Nachkommen vor Feinden, Temperaturschwankungen und extremer Nässe zu schützen. Jagende Spinnen leben in der Regel in Wohnröhren, die sie mit Seide auskleiden und manchmal sogar mit einem seidenen Deckel versehen. Eine ebenso große Rolle spielt die Seide beim Beutemachen. Spinnennetze werden von Unwissenden oft als lästig empfunden und beseitigt. Für die Netzspinne aber bedeutet es die Nahrungsgrundlage. Die Radnetz bauenden - dazu zählt auch unsere Kreuzspinne - verspeisen ihr Netz samt Inhalt in der Nacht und bauen es in nicht ganz einer halben Stunde wieder auf. Es gibt aber auch Spinnen, die vier Nächte an einem Netz bauen, zum Beispiel die Baldachin-Spinne.

Die Augen

ermöglichen ihr eine fast völlige Rundumsicht. Sie arbeiten nach dem Prinzip eines Fernsehers, bzw. eines Scanners. Punkt für Punkt, Zeile für Zeile wird aufgezeichnet. Dabei kann sie auch Entfernungen sehr genau abschätzen. In der Regel hat die Spinne 8 Augen. Die Sechsaugenspinne und die Speispinne haben 6 Augen. In den Tropen gibt es solche mit nur 2 Augen. Die Spinne kann auch Farben unterscheiden.

Die Haare

der Spinne erfüllen gleich mehrere Aufgaben. Den Laufspinnen ermöglicht ein Haarpolster an den Füßen das Laufen auf poliertem Glas. Netzspinnen hingegen schaffen es nicht einmal aus dem Waschbecken heraus. Dafür spüren sie sehr genau, wer ihr Netz berührt. Mit den Haaren der Beine kann die Spinne hören, riechen und schmecken.

Das Blut

nennt man Hämolymphe. Seine Farbe ist bläulich weiß. Es wird über die Adern direkt in die Hohlräume gepumpt. Über Gewebespalten fließt es dann zurück zum Herzen. Die Spinne ist ein wechselwarmes Tier. Ihre Temperatur kann sich in kurzer Zeit um 30° erhöhen. Bei Bedarf erhöht sie auch ihren Puls bzw. ihren Blutdruck.

Das Bewegungsorgan

funktioniert zum Teil hydraulisch. Die Spinne erhöht den Blutdruck. Ein Ventil öffnet sich und das Bein wird gestreckt. Beugen übernimmt die Muskelkraft. Spinnen erreichen so eine hohe Anfangsgeschwindigkeit beim Laufen. Sie überspringen (Springspinne) Entfernungen bis zu 25 Körperlängen. Dabei landen sie auf den Millimeter genau. Bei Gefahr oder der Verletzung eines Beines ist die Spinne in der Lage dieses an einer dafür vorgesehenen Stelle zu entfernen. Die Wunde schließt sich sofort und das Tier flüchtet mit den restlichen Beinen.

Das Wachstum:

Da jede Spinne wächst, muss sie sich häuten. Dies geschieht 7 mal in ihrem Leben. Dann ist sie erwachsen. Als erstes häutet sie sich beim Schlüpfen aus dem Ei und danach noch einmal im schützenden Kokon. Diesen verlässt sie als fertige Spinne. Vogelspinnenweibchen, die ein hohes Alter erreichen können, häuten sich auch als Erwachsene weiter. Es gibt noch weitere Spinnenarten, bei denen sich das Weibchen nach der Geschlechtsreife jedes Jahr häutet. Dabei erneuern sie nicht nur ihre Hülle. Abgebrochene Härchen und Beine werden ebenfalls ersetzt. Will sich eine Spinne häuten, verdoppelt sie ihren Blutdruck im Vorderkörper, bis die alte Hülle platzt. Danach wiederholt sie das Ganze im Hinterleib. Während dieser Zeit verharrt das Tier bewegungslos. Nur der Puls verrät uns, dass es noch lebt. Hat sie ihr altes Hemd abgestreift, treibt sie Gymnastik, bis das Neue ausgehärtet ist. So erhält sie die Beweglichkeit der Gelenke.

Das Gehirn

der Spinne ist sehr leistungsstark, was bei der Fülle der zu steuernden Aufgaben kaum verwundert. Es beansprucht 5-10% von der Größe des Vorderkörpers. Kreuzspinnen gelten als zuverlässige Wetterpropheten. Ihre Netze bauen sie nur, wenn trockenes Wetter folgt.

Die Speiseröhre

verläuft mitten durch das Gehirn.

Die Atmung

erfolgt durch so genannte Buchlungen und oder Tracheen. Bei ersteren wird der Sauerstoff durch Atmen gewonnen. Tracheen sind feine Röhrchen, die sich innen verzeigen und von Blut umspült werden.

Die Fortpflanzung

beginnt bei den Spinnen mit der Suche nach der Partnerin. Hat das männliche Tier sie gefunden, baut er zuerst ein kleines Netz und platziert einen Spermatropfen hinein. Mit beidem begibt er sich zur Angebeteten. Nun heißt es, das oft viel größere weibliche Tier zu stimulieren. Durch Klopfzeichen oder einen Tanz sagt er ihr: "Ich bin keine Beute". Jetzt folgt das Liebesspiel. Ist sie bereit, entleert er sein Spermanetz in eine dafür vorgesehene Spermatasche. Dort wird es haltbar gemacht und wartet auf seine Bestimmung. Wochen oder Monate später wird das Sperma von der Spinnenmutter belebt. Nun gleiten die Eier daran vorbei und werden befruchtet. Der Spinnenvater ist zu dieser Zeit oft gar nicht mehr am Leben. Bei einigen Arten wird der Spinnenmann nach der Paarung verspeist. Doch in den meisten Fällen bleibt er verschont. Bei einer leistungsfähigen Vogelspinnenart überwintert das Männchen sogar zusammen mit dem Weibchen in seiner Wohnröhre. Bei unserer Schilfkreuzspinne leben beide über längere Zeit zusammen in einem Schlupfwinkel. Doch wir sollten auch den erhöhten Energiebedarf der angehenden Mutter verstehen. Schließlich handelt es sich um Hundert oder sogar einige Tausend Eier, die gelegt und versorgt werden müssen. Dies tut die Spinne vorbildlich. Selbst nach dem Schlüpfen ist sie für ihren Nachwuchs da. Manchmal dient sie ihm sogar bewusst als Nahrung.

Der Weberknecht

ist bei uns häufig anzutreffen. Er bildet unter den Spinnentieren eine eigene Gruppe. Er hat weder Spinndrüsen noch Gift. Sein Hinterleib sitzt in voller Breite am Vorderkörper und ist gegliedert. Wenn man noch seine längeren Beine beachtet, unterscheidet er sich auch deutlich im Aussehen von der Spinne.

Die Geschichte der Spinne

beginnt in der griechischen Mythologie. Dort bekommt sie ihren lateinischen Namen. Es heißt, die Jungfrau "Arachne" habe Göttin Athene zu einem Wettstreit im Weben aufgefordert und wird für ihren Hochmut in eine Spinne verwandelt. Die Spinne wurde im Altertum geschätzt und verehrt. In einem mikronesischen Märchen erschuf sie sogar Himmel und Erde. Fleiß und Kunstsinn der Spinnen wurden in den höchsten Tönen gelobt. Selbst heute ist ihr Nutzen für den Menschen unumstritten. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Mensch - gäbe es keine Spinnen - verhungern müsste. Auf einem Hektar Wiese leben etwa 1.300.000 Spinnen. Diese vertilgen im Jahr über 4 Tonnen Insekten. Herausragende Eigenschaften von Spinnseide wissenschaftlich technisch nutzbar zu machen, hat man wieder aufgegeben. Der Aufwand erwies sich als zu groß. Und doch gibt es überlieferte Techniken Spinnseide zu nutzen: Bergbauern der Südkarpaten benutzen noch heute saubere dichtgewebte Netze als Wundverschluss. Das Gespinst verwächst mit der Haut und beschleunigt sogar die Heilung. Indonesische Angler sammeln die Netze der Kreuzspinnen, breiten sie im Meer wieder aus und fangen mit ihnen Köderfische.

Viele Menschen stehen den Spinnen ablehnend gegenüber. Sie ekeln oder fürchten sich sogar vor ihnen. Dabei gehören sie in die menschliche Umgebung wie die kleinen Insekten von denen sie sich ernähren. Obwohl ihre Opfer oft größer sind als sie selbst, zählt der Mensch nicht dazu. In unseren Breiten gibt es auch keine Art, die die Lederhaut des Menschen durchdringen könnte. Warum finden wir überhaupt manches schön, anderes wieder nicht? Der Mensch hat sich seine eigene Traumwelt geschaffen. Hier bestimmt er, was schön, nützlich und gut ist: Eine kleine einfältige Welt, in der sich das Schönheitsempfinden und die Nützlichkeit schon oft geändert haben. Wachen wir auf und lernen die Realität in ihrer unüberschaubaren Vielfalt zu lieben. Auch der Mensch ist ein Kind der Schöpfung. Er muss nicht länger abseits stehen.

Bei meinen Nachforschungen über die Spinne stieß ich immer wieder auf das Wort "hässlich". Was ist hässlich und ist der Mensch eigentlich "schön"? Einst galt der wohl genährte blasse Typ als schön. Glaubt man den Medien, ist jetzt der schlanke, braungebrannte Typ "in". Eines jedenfalls ist Tatsache, nur der Mensch urteilt nach dem Erscheinungsbild und das ändert sich halt öfter, ganz wie die Mode es vorsagt. Doch ich lasse mir nicht länger vorsagen. In der Schule früher ja, das war etwas Anderes. Oder doch nicht? Ist es nicht die Trägheit, die oft und je älter immer öfter über uns kommt? Die Bequemlichkeit, die mit fortschreitender Technik immer mehr um sich greift? Abwaschen? Wozu - es gibt doch Automaten. Kochen? Wozu - es gibt Fertiggerichte oder Restaurants. Denken? Wozu - es gibt den Fernseher.

Dass wir in unserer Entwicklung stehen bleiben, merken wir nicht, aber dass wir dick werden schon. Also ab ins Fitnessstudio. Diäten sind ja ungesund. Doch wer denkt schon mal mit Selbstkritik über sein Leben nach und ich meine nicht die Fehler, die wir ständig an uns entdecken. Ich meine die Gewohnheiten, mit denen wir uns ständig das Leben leichter machen. Soll das Leben überhaupt leicht sein? Es beginnt mit der Geburt, geht weiter mit den ersten Zähnen, der ersten Liebe und endet mit dem Tod. Das Leben ist nicht leicht, soll es auch gar nicht sein und doch kann es schön sein. Hören wir auf, den schreienden Medien oder unserem plappernden Geist zu lauschen. Die kleinen "Zufälle, Schicksalsschläge" und vor allem unser Körper wollen gehört werden. Letzterer macht sich oft genug mit Schmerzen bemerkbar. Nach einer längeren Autofahrt schmerzt unser Rücken, warum? Haben wir ihn während der Fahrt beachtet, beachten wir überhaupt unseren Rücken beim Sitzen? Wir kommen nach einem arbeitsreichen Tag nach Haus und gönnen uns den wohlverdienten Feierabend. Und was ist mit den Augen, dem Gehirn, hören die nicht auch zu uns? Der Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild. Ich glaube nicht, dass es sich dabei um das Erscheinungsbild handelt, vielmehr um die Fähigkeit, Allem und Jedem Liebe zu geben. Fangen wir gleich damit an, lieben und beachten wir uns und unsere Umwelt. Denn ob nun 8, 4, 2 oder keine Beine. Der Schöpfer liebt uns alle.


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